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Frauen und Gleichstellung

Dany Beck: Darum unterstützen wir die SportPride 2025!

| Nina Kolarzik

Jedes Jahr im Juni setzen sich Menschen für eine größere Sichtbarkeit sowie Gleichberechtigung von queeren Menschen, von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans- und intergeschlechtliche Menschen, Asexuellen und Queers (LGBTIAQ+), ein. Dabei geht es auch im Sport nicht nur um politische Forderungen, sondern um die Sichtbarkeit von Lebensrealitäten und Alltagserfahrungen. Anlässlich des Hauptaktionstages, des „Stonewall Days“ am 28. Juni, haben wir zum Thema mit Dany Beck, Vizepräsidentin des LSB Sachsen-Anhalt (LSB) für den Bereich Gleichstellung, Vielfalt und Teilhabe, gesprochen.

LSB-Vizepräsidentin Gleichstellung, Vielfalt und Teilhabe, Dany Beck.
(© LSB Sachsen-Anhalt)

Ob Kleidung, Umkleidemöglichkeiten, oder Wertungskategorien, der Sport ist nur ein Bereich von vielen, in dem zahlreiche Fragen in Bezug auf die Öffnung für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt noch ungeklärt sind. Das queere Sportnetzwerk SportPride setzt sich jedes Jahr für die queere Community und queere Selbstverständlichkeit im Sport ein. Der Landessportbund unterstützt dieses Anliegen.

Worum geht es der Kampagne von „SportPride“? und wo ist dir das Netzwerk zum ersten Mal begegnet?
Dany Beck: Mir ist es im Internet zuerst begegnet, da habe ich verschiedene Statements gefunden. Ich fand es bedeutsam zu sehen, welche Persönlichkeiten sich zu dem Thema äußern: Nicht nur Leute, die aus der Community kommen, sondern auch Leute, die gefühlt gar nichts mit dem Thema zu tun hatten, aber dennoch das Bedürfnis hatten, ihren Standpunkt unterstützend zu äußern. Das finde ich sehr wertvoll und wichtig. Ich finde es gut, dass es so einen Motto-Monat gibt, um zu zeigen, wo man steht. Und um zu zeigen, dass Leute, die einem sympathisch sind, auch mit der Offenlegung ihrer sexuellen Orientierung sympathisch bleiben und nicht aufgrund dessen auf einmal jemand sind, der nicht mehr als Gesprächspartner, Sportpartner, Kollege oder Freund akzeptabel ist.

Was bedeutet es für dich, als Vizepräsidentin für Gleichstellung, Vielfalt und Teilhabe im Sport verantwortlich zu sein, das Thema auf der Fahne zu haben?
Das ist eine interessante Entwicklung, die sich da aufgetan hat. Ich war ursprünglich Vizepräsidentin für Frauen und Gleichstellung. Und im Rahmen der Zusammenkünfte mit dem DOSB hat sich gezeigt, dass man das Thema Frauen und Gleichstellung nicht in so einen engen Rahmen setzen kann, sondern dass die Dimensionen viel größer sind, dass wir also genauso geschlechtliche Vielfalt, Integration und Inklusion mitdenken müssen. Wir haben innerhalb des LSB überlegt, wie man Bereiche besser zusammenführen kann. Da fand ich sehr gut, dass wir Gruppen, die auf verschiedene Art und Weise Diskriminierung erfahren und benachteiligt werden, als größere Gruppe zusammenzufassen, weil sie unter Umständen die gleichen Bedarfe haben. Im LSB haben sich die verschiedenen Projekte zu den einzelnen Themenbereichen sehr schnell zusammengefunden und vernetzt. So muss man nicht für jede Gruppe bzw. Einzelprojekt zu je einer Vielfaltsdimension Forderungen einzeln stellen, sondern hat mit einer größeren Gruppe, als Ressort Sport und Gesellschaft, mehr Macht in der Argumentation.

Gab es einen Moment, in dem du gemerkt hast, dass Vielfalt als Ziel wichtig ist und dass du das auf dem Schirm haben musst? War das ein Prozess oder war dir das schon immer bewusst?
Also in dem Sinne bewusst waren mir die Benachteiligungen lange Zeit nicht. Das ist ein Prozess, der sich entwickelt hat, wie ich auch in das Ehrenamt immer weiter eingestiegen bin und mich mit bestimmten Themen beschäftigen musste. So richtig aufgetaucht ist es in meiner Tätigkeit in meinem Bundesverband. Dort wirft diese Sportstruktur mit dem binären System, Männer und Frauen, Schwierigkeiten auf. Da merke ich, wie wichtig es ist, dass man mit den Leuten redet. Aber eben auch, dass man darüber nachdenken muss, welche Bedingungen schafft man, damit die Leute erst mal überhaupt zum Sport kommen. Ich glaube das ist noch eine unserer großen Aufgaben, die wir bearbeiten müssen.

Wo siehst du deine Aufgabe oder deine Position im LSB darin?
Sehr wichtig ist, nicht nur darüber zu reden, sondern wirklich auf Leute zuzugehen, mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Denn ich und unser Hauptamt, wir können uns unheimlich viele Gedanken machen, aber das müssen nicht unbedingt die Sachen sein, die für die Sporttreibenden wichtig sind. Deshalb ist es wichtig, dass wenn zum Beispiel der Fußballverband ein Vielfaltsturnier anbietet, dass wir dort vor Ort sind und Interesse zeigen. Und uns anschauen, wie machen die das Turnier? Wie kann man das Ganze öffnen? Wie kann man es so gestalten, dass sich alle abgeholt fühlen?

Was sind Herausforderungen auf dem Weg für mehr Gleichstellung? Und welche Fortschritte gibt es in den letzten Jahren?
Mich bewegt der Umstand, dass sich laut einer Studie der Deutschen Sporthochschule Köln (OUTSPORT) gut ein Fünftel (22%) der befragten Personen aus der queeren Zielgruppe aufgrund ihrer sexuellen Orientierung bzw. Geschlechtsidentität vom Sport ausgeschlossen fühlen. Die Herausforderung ist, aus dem, was jetzt etwas Besonderes ist, etwas Normales zu machen. Das ist unheimlich viel Kopfarbeit, die man nur mit Überzeugung, vielen guten Argumenten und positiven Beispielen leisten kann. Ich weiß, dass wir da sicherlich die eine oder andere Person in der queeren Community enttäuschen. Aber die Sache braucht leider viel Zeit, weil es mit viel Überzeugungsarbeit zu tun hat. Es hat sich aber auch, finde ich, etwas verschoben im Wahrnehmen. Die Gesellschaft ist besser darin geworden Diskriminierung zu erkennen und benennen. Es ist jetzt eine viel größere Sensibilität vorhanden, was uns auf dem Weg für mehr Vielfalt im Sport sehr dienlich ist.
Wir hatten über viele Jahre das Projekt „Gemeinsam Stark“ im Verband und dadurch Leute, die vor Ort waren, die zu den Clubs und Vereinen gegangen sind und Diversity-Beratung gemacht haben. Das ist eine wertvolle Sache, die aber leider erst mal auf Eis gelegt werden musste, weil wir von politischer Seite nicht entsprechend finanziell unterstützt werden oder von Gesetzesseite her nicht so unterfüttert werden, dass wir das Projekt als dauerhafte Einrichtung haben können. Wir haben aber nach wie vor für Leute, die Sorgen haben, unseren Meldebutton auf der Homepage. Es war uns ein Bedürfnis, an der Stelle eine Ansprechstelle zu bieten – bei Bedarf auch anonym.

Welche Rolle kann der Sport für die Gesamtgesellschaft spielen, wenn es um Teilhabe und Gleichberechtigung geht?
Hier in Sachsen-Anhalt ist der LSB die größte zivilgesellschaftliche Vereinigung und damit spiegelt sich die Gesellschaft im Sport wider. Deshalb ist es unser Bestreben, zu sagen: Demokratie ist für uns definitiv ein wichtiger Baustein. Damit fängt alles an: In unseren Satzungen steht, dass wir uns gegen jegliche Form von Gewalt und Diskriminierung richten. Das wollen wir nicht nur auf dem Papier stehen haben, sondern das meinen wir wirklich ernst. Wenn sich jemand mit Problemen meldet, suchen wir nach Möglichkeiten, wie wir unterstützen können.
Demokratie kann im Sport anders wahrgenommen werden, als dies vielleicht im Arbeitsalltag oder im privaten Umfeld der Fall ist: Im Sportverein erleben wir eine ganz andere Gemeinschaft. Da geht es um Teamgeist, Fairness, Achtung und Wertschätzung von anderen. Da sind viele Sachen, die man manchmal im Alltag vermisst, die der Sport mit sich bringt: Ob es die Anwesenheit bei der Siegerehrung ist, die Anfeuerungsrufe, oder das Miteinander im Training. Und das Ganze weiter zu öffnen, in alle Vielfaltdimensionen hinein, das ist unser großes Ziel. Damit noch mehr Leute alles, was Sport bieten kann, genießen können.

Willst du noch etwas hinzufügen oder hast du einen besonderen Wunsch?
Ich kann verstehen, dass Menschen, die an verschiedenen Stellen Diskriminierung erfahren haben, auch fürchten, dass es die Diskriminierung im Sport geben könnte. Ich würde mir wünschen, dass wir es schaffen, dies auszuräumen, dass die Leute sich trauen, in den Sport zu kommen. Oder dass Personen zu uns kommen und sagen, dass sie gern Sport treiben würden und nicht wissen, wie und wo. Dann können wir beraten und sagen, wo es Angebote gibt. Wir werden es nicht bei allen schaffen, aber ich würde mir wünschen, dass wir für die ein oder andere Person positive Erlebnisse bereiten, damit der Sport auch für die queere Community eine Heimat zum Wohlfühlen wird. Solch positive Beispiele wünsche ich mir und noch besser wäre es, wenn wir als LSB auch immer mehr von solchen Initiativen im Sport erfahren, denn das würde mir zeigen, dass ich mit meiner Überlegung auf dem richtigen Weg bin.


Weiterführende Informationen zum Thema findet Ihr hier:
SportPride – wir bilden Community

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