Julius Hirsch Preis 2022 für den SV Blau-Weiß Grana
Der SV Blau-Weiß Grana aus Sachsen-Anhalt wird für sein Engagement für geflüchtete Menschen mit dem Julius Hirsch Preis 2022 des Deutschen Fußball-Fundes (DFB) ausgezeichnet. Der Verein aus einem Ortsteil der Gemeinde Kretzschau bei Zeitz im Burgenlandkreis setzt sich seit Jahren für die Integration von geflüchteten und sozial benachteiligen Menschen ein. In der ersten Mannschaft des Kreisligisten kicken Spieler aus zwölf Nationen. Die feierliche Preisverleihung findet am 7. November 2022 in Dresden statt.
Der erste Preisträger SV Blau-Weiß Grana aus einem Ortsteil der Gemeinde Kretzschau bei Zeitz im Burgenlandkreis, setzt sich seit Jahren für die Integration von geflüchteten und sozial benachteiligen Menschen ein. In der ersten Mannschaft des Kreisligisten kicken Spieler aus zwölf Nationen. Überregional bekannt wurde Blau-Weiß Grana durch die vierteilige MDR-Dokumentation von Vera Weber “They call us Ausländerteam”. Durch den Fußball fanden die neuen Mitspieler trotz vieler, zum Teil massiver äußerer Widerstände in Grana ein Stück Heimat. “Fußball ist mehr als ein Spiel für elf Menschen und einen Ball”, so Celia Sasic. “Fußball ist eine Sprache, eine Zuflucht, ein Zuhause. Was der SV Blau-Weiß Grana für das Miteinander unterschiedlichster Menschen tut, ist ein Musterbeispiel dafür, was der Fußball vermag. Wir alle können davon etwas lernen.”
Mit dem zweiten Preis zeichnet die Jury den Dachverband Lernort Stadion e.V. aus Berlin aus, der niedrigschwellige Bildungsangebote für Jugendliche in Fußballstadien unterbreitet. An 24 Lernorten werden bundesweit im Umfeld sozialpädagogischer Fanprojekte, Profiklubs und Stadien verschiedene Projekte unter anderem in den Bereichen Teilhabe, Partizipation, Vielfalt und Extremismusprävention durchgeführt. Über die Strahlkraft des Profifußballs sollen speziell sozial benachteiligte Jugendliche dabei unterstützt werden, ein Bewusstsein für demokratische Werte zu entwickeln. So auch im 2022 abgeschlossenen Projekt #TeamDemokratie mit Teilnehmer*innen aus überwiegend bildungsbenachteiligten Milieus.
Das Netzwerk Erinnerungsarbeit (Netz E), ein Zusammenschluss von Fans, Mitarbeitenden und Organisationen des Hamburger SV, wird als dritter Preisträger für seine intensive und nachhaltige Erinnerungsarbeit ausgezeichnet. Seit 2016 wird hier die NS-Geschichte im Zusammenhang mit dem HSV aufgearbeitet und sich kritisch mit dem Thema Diskriminierung im Verein und seiner Fanszene auseinandergesetzt. Neben Besuchen in KZ-Gedenkstätten, Stadtteilrundgängen und Stolperstein-Aktionen imponierte der Jury insbesondere die von Netz-E konzipierte Ausstellung “Ins rechte Licht gerückt”.
Der diesjährige Ehrenpreis der Jury geht an Burak Yilmaz. Der in Duisburg als Sohn türkisch-kurdischer Eltern geborene Pädagoge und Autor setzt sich seit vielen Jahren aktiv gegen Antisemitismus ein. Er veranstaltet Workshops und hält Vorträge zu den Themen Antisemitismus, Erinnerungskultur und Rassismus und ist als Berater für Vereine, Organisationen und Politik in bildungs- und integrationspolitischen Fragen tätig, unter anderem für den Bundesbeauftragten gegen Antisemitismus. 2012 initiierte Yilmaz das Projekt “Junge Muslime in Auschwitz”, das Jugendliche im Alter von 16 bis 20 Jahren zu Geschichtsbotschaftern ausbildet. Der Einfluss seiner langjährigen Erfahrung als Fußball-Schiedsrichter auf seine pädagogische Arbeit floss 2021 in die Autobiografie “Ehrensache – Kämpfen gegen Judenhass” ein.
Seit 2005 ehrt der DFB Vereine, Institutionen und Einzelpersonen, die sich gegen Antisemitismus und Diskriminierung einsetzen. Der DFB steht zu seinen Werten und engagiert sich für einen Fußball, der für alle da ist. “Der Julius Hirsch Preis rückt exemplarisch das herausragende gesellschaftliche Engagement von vielen Menschen in unseren rund 25.000 Vereinen in den Mittelpunkt”, sagt DFB-Präsident Bernd Neuendorf.
Insgesamt waren 59 Bewerbungen für den Julius Hirsch Preis 2022 beim DFB eingegangen, obwohl die Pandemie in den zurückliegenden zwei Jahren viele geplante Aktivitäten gestoppt hatte. Unter dem Vorsitz von Bernd Neuendorf bestand die Jury aus Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Eberhard Schulz, Sprecher der Initiative ”!NieWieder”, der ZDF-Moderatorin Dunja Hayali, Celia Sasic, der DFB-Vizepräsidentin für Gleichstellung und Diversität, Donata Hopfen, der Vorsitzenden der Geschäftsführung der DFL, sowie Andreas und Julia Hirsch, Enkel und Ur-Enkelin von Julius Hirsch.
Julius “Juller” Hirsch zählte vor dem Ersten Weltkrieg zu den bekanntesten Fußballern in Deutschland. Der deutsche Nationalspieler jüdischen Glaubens wurde mit dem Karlsruher FV und der Spielvereinigung Fürth Deutscher Meister. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann für Julius Hirsch – wie für Millionen weiterer Opfer der NS-Diktatur – ein Leidensweg, auf dem er gedemütigt, entrechtet und verfolgt wurde. Im März 1943 wurde Julius Hirsch in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort ermordet.