Quer durch Sachsen-Anhalt im Zeichen des Fairplay
Vom 28. April bis zum 8. Mai 2025 machte die Sparkassen Fairplay Soccer Tour des Vereins UNITYED e.V. Station in Sachsen-Anhalt. In den Sporthallen verschiedener Teile des Bundeslandes spielten vor allem Kinder und Jugendliche Fußball nach Fairplay-Regeln, um als sportlichste oder fairste Gewinner das Finale der Tour zu erreichen. UNITYED e.V. möchte mit seinem Projekt, das vom Landessportbund Sachsen-Anhalt unterstützt wird, faires Verhalten im Sport stärker entwickeln. Doch reicht ein Tag im Jahr für Fairplay?

(© UNITYED e.V.)
Tore schießen, aber schön fair bitte!
Was macht euch am meisten Spaß? — „Tore schießen!“ Die Antwort kommt ohne langes Nachdenken von der Gruppe Jungs, die in Naumburg zusammenspielen. „Als Team zusammenarbeiten“, fügt einer noch hinzu. Und gibt es etwas, das keinen Spaß macht? „Tore kassieren und Fairplay-Punkte abgezogen bekommen“. Was für Punkte?
Die Jungs sind motiviert, sie wollen gewinnen. Doch dafür zählen nicht nur die Tore, sondern auch wie fair gespielt wird. Bei der Sparkassen Fairplay Soccer Tour des Vereins UNITYED e.V. werden nicht nur die sportlich stärksten Teams geehrt und zum Bundesfinale im Sommer eingeladen, sondern auch diejenigen, die am fairsten spielen. Der Verein macht mit dieser Soccer Tour in zehn Bundesländern Halt. Vom 28. April bis 8. Mai war Station in Sachsen-Anhalt. Der Landessportbund (LSB) Sachsen-Anhalt und das Programm Integration durch Sport unterstützten dabei vor Ort.
An jedem Tag der Soccer Tour sind die Sporthallen in Jessen, Staßfurt, Dessau oder Thale gefüllt mit Kindern und Jugendlichen, die voller Energie stecken und Lust auf Fußball spielen haben. Und jeder Tag ist anders: mal kommen die Teams eher aus Schulen, mal aus Sportvereinen, mal sind mehr Mädchen dabei, mal mehr Kinder mit Behinderung, mal weniger, mal sind die Gruppen diverser, mal nicht. Während der Spiele schauen sich die Teams gegenseitig zu oder feuern sich an. Wenn ein Spiel zu Ende ist, stürmen gleich die nächsten Gruppen auf einen der vier Soccer-Courts.
Vor den Spielen wird zuerst sichergestellt, dass alle die Fairplay-Regeln kennen. Dann klatschen die Teams ab und beginnen mit dem Spiel. Die Teamer*innen und Fairplay-Botschafter*innen von UNITYED und vom LSB beobachten das Spiel, achten auf den Umgang untereinander. Im besten Fall greifen sie nicht ein, sondern lassen die Spieler*innen alle Situationen selbst regeln. Nachdem die drei Minuten Spielzeit vorbei sind, wird wieder abgeklatscht und es kommen alle noch einmal zusammen. Die Tore werden gezählt und das Fairplay-Verhalten gemeinsam ausgewertet.
Fairplay auf und neben dem Spielfeld
Fairplay zeigt sich in verschiedenen Momenten. An einem Tag sucht ein neunjähriger Junge eine Gruppe, bei der er mitspielen kann. Ein gleichaltriges Team, die zu dritt sind, nimmt ihn sofort bei sich auf. Ein anderes Mal fliegt bei einem Spiel ein Ball so auf einen Jungen zu, dass dieser ihn automatisch mit den Händen auffängt. Betreten schaut er sofort zur Teamerin und alle müssen lachen. Die Kinder klären die Situation allein. Oft, wenn ein Foul passiert, entschuldigen sich die Spieler*innen selbst und klatschen untereinander ab. Es sind solche Situationen, ein solches Verhalten, um das es bei der Soccer Tour im Kern geht. Doch es gibt auch Momente, in denen die Teamer*innen und Fairplay-Botschafter*innen eingreifen müssen: Rangeleien werden unterbrochen, wiederholte Fouls geklärt, abfällige Bemerkungen über andere Teams angesprochen und unterbunden. Vermittelt wird: Fairplay gilt auch außerhalb des Spielfeldes.
Markus Gottschalk von UNITYED, Projektleiter der Fairplay Soccer Tour, bemerkt den Lerneffekt. Zu Beginn des Tages sind die Spiele noch ruppiger und es werden mehr Fairplay-Punkte abgezogen. Doch die Kinder nehmen sich die Anmerkungen zu Herzen und achten im Tagesverlauf immer selbstverständlicher auf ihr Fairplay. Gottschalk ist auch bewusst, dass der eine Tag, den die Kinder bei dem Turnier verbringen, nur ein kurzer Moment neben allen anderen Einflüssen in Vereinen und Schulen ist. Deswegen hofft er, dass die Kinder auch zum Bundesfinale oder dem Turnier im nächsten Jahr wiederkommen, um einen möglichst großen Lerneffekt zu erzielen. Zudem bindet UNITYED Schiedsrichter*innen lokaler Vereine mit ein, um den Fairplay-Gedanken mehr in den lokalen Vereinssport zu tragen und zu vermitteln, dass man gewinnen und dabei fair spielen kann.
Der Erfurter Verein sucht nicht die nächsten Weltmeister*innen, sondern möchte in erster Linie in Fairplay schulen. Das Ziel: stets sich und andere zu respektieren und rücksichtsvoll miteinander umzugehen. Um dies zu vermitteln, nutzt UNITYED das Potential des Fußballs, Leute zusammenzubringen: “Wir spielen Fußball, weil es Zugang schafft, um die jungen Leute hierherzubringen. Eigentlich könnten wir es auch mit Basketball machen, oder Volleyball, oder Minigolf. Aber Fußball zieht halt am meisten“, so Gottschalk. Die Idee kommt gut an. Zwei Betreuer*innen sind aus Zeitz mit 13 Teams zum Turnier nach Naumburg gekommen. Die Kinder haben sie seit Beginn noch nicht zu sprechen bekommen, weil die nur am Fußballspielen sind. Der Großteil der Kinder spielt nicht im Verein Fußball. Für sie sind die Fairplay-Regeln eine Chance, wo sie sich ausprobieren und spielen können, was sie sich im „normalen“ Fußball-Rahmen nicht immer trauen.
Diskussionen über Werte und Vorurteile
Die Mitarbeiter*innen des LSB stehen in den zwei Wochen nicht nur als Fairplay-Botschafter*innen an den Soccer-Courts. Sie führen parallel zu dem Turnier Workshops zu Fairness im Alltag durch. In spielerischen Übungen diskutieren Jugendliche miteinander über Gemeinsamkeiten, Vorurteile, Werte, Diskriminierung und Ausgrenzung. „Man kann nicht immer an alle denken, nicht alle Ausnahmen bedenken“, sagt ein Junge in einer Übung, in der die Jugendlichen sich positionieren sollen, ob sie verschiedene Beispielsituationen als diskriminierend empfinden oder nicht. „Aber man muss doch auch mal Mitgefühl mit anderen haben, und nicht nur die Dinge als wichtig ansehen, die einen selbst betreffen“, hält ein Mädchen dagegen. Die Teilnehmenden tauschen sich über ihre Meinungen und Erfahrungen aus und reflektieren diese. Damit ist das Ziel des Workshops erreicht.
Auch UNITYED erreicht sein Ziel, die Menschen mit Fairplay abzuholen. Dass die Partnerschulen bereit sind, auf ein paar Stunden Unterricht zu verzichten und dafür ihre Kinder zum Turnier und in die Workshops schicken, schätzen die Verantwortlichen des Vereins. Hier werden Werte vermittelt, die im regulären (Sport-)Unterricht häufig zu kurz kommen.
Nicht für alle sind diese Werte Neuland. Zwei Mädchenteams erzählen in einer Pause, wie sich das Turnier von ihrem normalen Fußballtraining unterscheidet: sie haben weniger Platz auf den Spielfeldern, und die Zeit der Spiele ist kürzer. Doch was Fairplay angeht, ist es eigentlich genauso wie bei ihnen im Training, berichten sie. Der Fairplay-Gedanke, er spielt also bereits in einigen Vereinen eine Rolle. Doch genau wie bei den Jungs ist die blitzschnelle Antwort auf die Frage, was am meisten an dem Turnier Spaß macht: „Tore schießen!“ Genau diese Motivation trägt sie hierher.
Das Bundesprogramm „Integration durch Sport“ wird mit Mitteln des Bundesministeriums des Innern und für Heimat und durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie durch den DOSB gefördert. Der LSB Sachsen-Anhalt erhält zudem eine projektbezogene Förderung durch das Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt.