Gemeinsam stark – gelebte Inklusion im Schulsportverein

Seit über 30 Jahren steht der Schulsportverein der BRSV „SINE CURA“ e.V. für gelebte Inklusion im Sport. Hier wird Inklusion „andersherum“ gedacht: Die Angebote sind auf die Bedürfnisse der Schüler*innen mit Behinderung zugeschnitten – und Menschen ohne Behinderung werden eingeladen, mitzuwirken. Das Ziel ist klar: Gemeinsam mit Freude Sport treiben, nicht höher, schneller, weiter.

Wir haben die Verantwortlichen zu den Details Ihrer Vereinsarbeit gefragt. Das Interview wurde von Julia Kannheiser (Landesausschuss Gleichstellung, Vielfalt und Teilhabe des LSB) mit Eva-Maria Siegmund geführt. Sie hat vor 32 Jahre den Verein mitgegründet, arbeitet seit dieser Zeit im Vorstand, ist Förderschulkonrektorin an der FÖF SINE-CURA und Landesjugendwartin des BSSA, Fachübungsleiterin Rehasport für geistig behinderte Kinder und Jugendliche.

Unser Schulsportverein ist speziell auf die Bedürfnisse einer Förderschule für geistig Behinderte zugeschnitten. Wir leben Inklusion sozusagen „andersherum“: Unsere Angebote richten sich in erster Linie an Menschen mit Behinderung, und Menschen ohne Behinderung werden gezielt „dazugeholt“. Das Ziel ist nicht Leistung oder Wettbewerb, sondern das gemeinsame Sporttreiben. Das laufende Angebot richtet sich in erster Linie an die Schüler*innen unserer Förderschule. Wenn es sich organisatorisch einrichten lässt, nehmen auch Schüler*innen anderer Schulen teil – was jedoch aufgrund unterschiedlicher Stundenpläne manchmal schwierig ist. Da unsere Trainings unmittelbar nach dem Unterricht stattfinden, können die Kinder direkt teilnehmen, ohne lange Fahrtwege.

Wir bieten eine Vielzahl unterschiedlicher Sportarten an und veranstalten regelmäßig große Sportfeste. Zu unseren inklusiven Angeboten gehören viermal im Jahr die „Fitness-Schatzsuche“, einmal jährlich das Sportabzeichen und ebenfalls einmal jährlich das Familiensportfest. An den Sportfesten nehmen rund 200 bis 300 Menschen teil, darunter etwa 100 Schüler*innen. Unsere Übungsleiter*innen sind überwiegend Lehrer*innen der Schule.
Ein besonderes Highlight war 2024 der erste Buddy-Sportabzeichentag. Hier absolvieren jeweils ein Mensch mit und ein Mensch ohne Behinderung gemeinsam alle Stationen des Sportabzeichens. Das Projekt ist in Sachsen-Anhalt einzigartig, und wir arbeiten aktuell an einem Konzept, um es langfristig auch andernorts umsetzen zu können. Alle Stationen sind so gestaltet, dass sie von allen Teilnehmenden gemeinsam bewältigt werden können.

 

 

Unser Verein wurde 1993 gegründet, also zu einer Zeit, als der Zugang für Menschen mit Behinderung zu Sportvereinen kaum möglich war. Wir möchten Berührungsängste und Vorurteile abbauen, das Gemeinschaftsgefühl stärken und Barrieren – insbesondere die im Kopf – reduzieren.

 

Unser Ziel war es, den Schüler*innen zu zeigen, dass auch Menschen ohne Behinderung nicht alles können – und dass alle voneinander lernen können. Wir wollten Berührungsängste abbauen, Freude am gemeinsamen Sport fördern und gegenseitiges Verständnis und Respekt entwickeln.
Anfangs gab es keine offiziellen Kontaktstellen oder Förderprogramme; lediglich eine kleine Unterstützung durch den damaligen Kreissportbund (KSB). Heute ist die Situation deutlich besser. Wir arbeiten eng mit dem Behinderten- und Rehabilitationssportverband Sachsen-Anhalt (BSSA) zusammen und sind dort Mitglied. Kooperation mit Special Olympics Sachsen-Anhalt (SOSA) ist bisher nicht zu Stande gekommen.

Wir arbeiten viel mit Visualisierungen wie Bild- und Stempelkarten, setzen auf Kreativität, Durchsetzungsvermögen und eine gute Portion Hartnäckigkeit. Bei Bedarf nutzen wir Fördertöpfe, um Materialien oder Projekte zu finanzieren.

Durch das inklusive Miteinander entstehen langfristige Beziehungen, die später auch eine bessere Eingliederung in weiterführende Vereine ermöglichen. Unsere Schüler*innen lernen, Verantwortung zu übernehmen, und Vorurteile werden abgebaut. Gleichzeitig stärkt die Arbeit den Gemeinschaftssinn und das Bewusstsein für die Bedeutung von Inklusion.
Außerdem profitieren Schulen, Vereine und regionale Partner – etwa der KSB – von der Zusammenarbeit, was die Sportregion insgesamt stärkt.

Anfang/Mitte der 1990er fehlten jegliche Förderangebote. Diese Anfangsphase war herausfordernd, ließ sich aber durch Beharrlichkeit und Überzeugungsarbeit meistern. Auch heute hilft es, Partner mit Geduld und Engagement von unseren Projekten zu überzeugen.

Die persönliche Relevanz ist entscheidend. Inklusion muss einem selbst wichtig sein – nur dann entsteht die Motivation, sich dauerhaft zu engagieren.

In diesem Bereich gibt es bei uns noch Entwicklungspotenzial. Wir machen kaum klassische Öffentlichkeitsarbeit, sondern laden gezielt die Personen ein, die an den Angeboten teilnehmen sollen. Zu unseren Veranstaltungen kommen daher sowohl Schüler*innen der Förderschule (auch Nicht-Vereinsmitglieder) und - je nach Veranstaltung - Schüler*innen anderer Schulen oder eben Freunde und Familie der Teilnehmenden.

Am besten einfach anfangen! Wer eine gute Idee hat, sollte Gleichgesinnte gewinnen, dann findet sich ein Weg. Dazu hilft auch die eigene Begeisterung, Barrieren überwinden zu wollen.

Wir wünschen uns vor allem eine Stärkung des Ehrenamts. Es wird zunehmend schwieriger, Freiwillige zu finden. Ohne engagierte Ehrenamtliche wären solche Projekte nicht möglich – deshalb braucht das Ehrenamt mehr Anerkennung und Unterstützung.

„Es braucht eine stärkere Anerkennung und Förderung des Ehrenamts – denn ohne freiwilliges Engagement ist Inklusion im Sport – wie mittlerweile auch vieles andere – kaum umsetzbar.“ 

(Eva-Maria Siegmund, stellv. Vorsitzende BRSV Sine Cura e. V.)

Mehr Informationen zum Verein finden sich HIER.

Rückfragen können gerne an den Verein gerichtet werden (info(at)sportverein-sine-cura.de oder 039485 - 610029).