Projekt „Talentfindung & Talentförderung“ - Heute: Judo
Sport-Motorik-Test, Sachsen-Anhalt-Spiele, Talentgruppen. Die Kinder, welche diesen Weg durchlaufen haben, gehören zu den sportlichsten und talentiertesten im Bundesland und haben berechtigte Aussichten auf eine Einschulung in eine der Eliteschulen des Sports und eine damit verbundene leistungssportliche Laufbahn. Das Projekt „Talentfindung & Talentförderung“ ist im aktuellen Projektzyklus bereits seit zehn Jahren etabliert. Grund genug für den Landessportbund Sachsen-Anhalt, fortan monatlich hinter die Kulissen der Sportarten zu schauen, welche das Projekt (be)leben. Heute blicken wir beim Judoverband hinter die Kulissen....
Judo ist eine japanische Kampfsportart, die körperliche, geistige und soziale Fähigkeiten fördert. Fester Bestandteil des Judo sind Elemente der Fall-, Festhalte-, Wurf- und Hebeltechniken. Schläge und Tritte sind dagegen verboten. Der sportliche, faire Zweikampf steht hierbei im Mittelpunkt. Mit Fairplay und Teamgeist lernen Kinder auf diese Weise im Sport einen spielerischen Wettstreit kennen. Sie lernen, sich zu behaupten aber auch die Regeln zu respektieren. Hier wird die Grundlage für ein gesundes Selbstvertrauen geschaffen.
Seit 2015 – also seit der ersten Ausgabe der Sachsen-Anhalt-Spiele – ist der Judo-Verband im Rahmen der zentralen Sichtungsveranstaltung des Landessportbundes vor Ort. „Wir möchten an diesen vier Tagen den Kindern die Sportart Judo näherbringen und die wirklichen Talente in einen Verein unseres Verbandes integrieren“, sagt Mike Kopp. Er ist leitender Landestrainer der Sportart.
Jede Riege schlägt im Rahmen der Sachsen-Anhalt-Spiele einmal auf den Judo-Matten auf. „Natürlich können wir in den knapp dreißig Minuten unsere Sportart nicht vollends vorstellen, daher schauen wir vor allem auf turnerische Fähigkeiten, Rauflust im spielerischen Sinn und Ehrgeiz“, sagt Kopp. Los geht es stets mit einer kurzen spielerischen Erwärmung. Darin sind verschiedene turnerische Elemente integriert. Anschließend startet ein Sumo-Turnier bzw. „Raufspiel“. „Hier stellen wir die Kinder der Größe nach auf. In dieser Reihenfolge kämpfen sie dann fortlaufend in Paaren“, erklärt der Landestrainer. Die Kinder fassen sich an den Schulten und versuchen, auf Kommando den Gegner von der Matte zu schieben. „Hier erkennen wir schnell, ob ein Kind ernsthaft bei der Sache ist, Ehrgeiz entwickelt, den Kampf für sich zu gewinnen, spielerisch rauflustig ist und kein Problem mit Körperkontakt hat“, so der Judoka.
Im Anschluss erhalten die talentierten Kinder Einladungen in eine der sechs Talentgruppen des Judoverbandes Sachsen-Anhalt. „Hier schauen wir dann vor allem nach dem Wohnort und versuchen den Kindern, welche leider zu weit entfernt wohnen, eine Vereinsempfehlung in ihrer Nähe auszusprechen“, berichtet Mike Kopp. „Die Talentgruppen werden gut angenommen. Wir haben oft eine zweistellige Zahl an Kindern, welche dieses besondere Fördertraining besuchen.“ In den Vereinen werden die Kinder oft bereits in reguläre Trainingsgruppen integriert, um den Rückstand auf andere Schülerinnen und Schüler, welche den Sport bereits mehrere Jahre betreiben, aufzuholen. „Die Talentgruppenkinder sind athletisch meist sehr gut aufgestellt. Für uns ist es folglich also von Bedeutung, die Kinder sportartspezifisch zu schulen, sodass die wiederum besten in den folgenden Jahren an eine der Eliteschulen des Sports eingeschult werden können“, so Kopp. „Eine Einschulung ist bei den Kindern aus den Talentgruppen oft erst zur siebten Klasse oder später möglich, da die Spezifika unseres Sports erst nach einer gewissen Zeitspanne für eine weitere intensive Förderung erreicht werden können“, erklärt der Landestrainer.
Ein besonders positives Beispiel ist Leonie Heilmann vom USC Magdeburg. Die Athletin war 2016 bei den ersten Sachsen-Anhalt-Spielen in Magdeburg dabei. „Sie hat sich sofort in die Sportart verliebt“, sagt Kopp. Aus familiären Gründen war eine Einschulung in eine der Eliteschulen des Sports nicht möglich. „Leider“, so Kopp. „Allerdings ist sie mit viel Eifer beim Training dabei, erkämpfte bereits Medaillen bei Landes- und Mitteldeutschen Meisterschaften. Auch startete sie bereits bei nationalen Wettkämpfen.“ Leonie Heilmann ist mittlerweile Trainer des 1. Kyu (Braungurt) und absolvierte erfolgreich die Kampfrichterausbildung sowie den Lehrgang zur Trainerin-C-Leistungssport. „Auch den Sachsen-Anhalt-Spielen ist sie treu geblieben und unterstützt unsere Trainer jedes Jahr vor Ort bei der Sichtung“, sagt Mike Kopp.
Neben dem Auftritt des Verbandes bei der zentralen Sichtungsveranstaltung des LSB führt der Landestrainer vier Mal im Jahr ein Talentetraining in den Altersklassen U13 bis U15 durch. „Ich besuche hierzu Partnervereine im gesamten Land, sodass ich möglichst viele Vereine erreiche und jedem die Möglichkeit gebe, daran teilzunehmen ohne stundenlang mit dem Auto anreisen zu müssen“, sagt Kopp. Weitere Sichtungen erfolgen bei Meisterschaften, Vereinsturnieren und „Randoris“ (Trainingskämpfe als Veranstaltung).
Alle Kinder und Jugendlichen, welche sich im Sichtungssystem als besonders begabt erweisen und eine Karriere im Nachwuchsleistungssport anstreben, schauen dabei auf die großen Vorbilder. Im Hochleistungsbereich ist das Miriam Butkereit vom SV Halle, welche erst kürzlich einen Grand-Slam gewann und zum „Team für Paris 2024“ zählt. Dem Bundeskader gehören zudem Teresa Zenker und Paavo Plöhnert an. In der U23 holte Friederike Stolze erst Ende des vergangenen Jahres EM-Gold im Team und Bronze im Einzel.
„Dies sind nur einige Beispiele unserer ‚Leuchttürme‘“, sagt Kopp. „Wir sind aber auch in den Nachwuchsaltersklassen solide aufgestellt und belege dort regelmäßig vordere Plätze“, berichtet der Landestrainer. So sind Sina Bauer (U16) und Greta Emmerling (U13) mitteldeutsche Meister. Auch Johann Schwenke (U15) ist bereits Medaillengewinner bei den regionalen Titelkämpfen.