Tag des Flüchtlings: Sportvereine sind Ankerpunkte
Der heutige „Tag des Flüchtlings“ ist Teil der bundesweiten Interkulturellen Woche, die von Kirchen, Kommunen, Wohlfahrtsverbänden, Vereinen und vielen anderen Initiativgruppen getragen und unterstützt wird. Auch in Sportvereinen finden geflüchtete Menschen vielerorts in Sachsen-Anhalt einen Ankerpunkt. Robert Gräfe, Programmleiter „Integration durch Sport“ beim LSB Sachsen-Anhalt, erzählt im Interview von der Verantwortung des organisierten Sports und den Unterstützungsleistungen für Sportvereine.
Der „Tag des Flüchtlings“ fällt in eine Zeit, in der in Deutschland intensiv über Migration gesprochen wird. Wie nimmt der Sport die Debatten wahr?
Die Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg haben Spuren hinterlassen. Sicherheits- und migrationspolitische Themen wurden und werden sehr stark miteinander verwoben. Es geht in den aktuellen Debatten weniger um Menschenrechte und persönliche Schicksale, sondern vielmehr um Abgrenzung, Sicherheit und Ordnung. Menschen werden nicht als Individuen, sondern als Teil einer gesichtslosen Gruppe von Geflüchteten betrachtet und im Extremfall rassistisch diskriminiert – mitunter auch im Sport. Es gibt in Sachsen-Anhalt aber zahlreiche engagierte Menschen, die Geflüchteten im Sportverein einen Schutzraum bieten. Wir müssen im Sport vielmehr über diese vielen positiven Geschichten berichten, die Menschen miteinander verbinden.
Gibt es dafür ein konkretes Beispiel?
Huner Khalil ist im Jahr 2015 wie viele andere Menschen vor dem Bürgerkrieg in Syrien nach Deutschland geflüchtet. Über persönliche Kontakte hat er in Dessau den Zugang zu einem Sportverein gefunden. Bereits seit 2017 engagiert er sich ehrenamtlich als Helfer, Übungsleiter und Schiedsrichter. Darüber hinaus hat er sich als Referent für interkulturelle Bildung im Sport weitergebildet und auch beruflich in Sachsen-Anhalt Fuß gefasst. Das ist nur ein Beispiel von vielen positiven Verbindungen, die entstehen, wenn sich Menschen im Sport mit Offenheit und Respekt begegnen.
In der Integrationspolitik heißt es oft: Sprachbildung und Integration in den Arbeitsmarkt sind die wichtigsten Faktoren für gesellschaftliche Teilhabe. Was kann der Vereinssport konkret leisten?
Es klingt banal, ist aber unglaublich wichtig: Zuallererst bringt der Vereinssport Abwechslung in den Lebensalltag von Geflüchteten. Er schafft Räume für soziale Kontakte und für gemeinsame Erlebnisse. Im Verein kommen Menschen unterschiedlicher Prägung und Herkunft zusammen, um gemeinsam Sport zu treiben. Dabei kommt man zwangsläufig miteinander ins Gespräch. Sprachbildung findet hier nebenbei statt. Zudem gibt es in Sachsen-Anhalt Sportvereine, die Sprach- und Bewegungsbildung ganz gezielt miteinander verbinden. Darüber hinaus sind Vereine auch immer Netzwerke. Durch persönliche Kontakte werden da Praktika, Ausbildungsplätze oder erste Jobs vermittelt. Bei allen Möglichkeiten liegt die Einstiegshürde natürlich darin, ob Geflüchtete überhaupt den Weg in den Sportverein finden.
Wie unterstützt der LSB Sachsen-Anhalt das Engagement der Vereine für Geflüchtete?
Der LSB steht für eine vielfältige und offene Sportlandschaft in Sachsen-Anhalt. Damit alle Menschen den Zugang zum Sport finden, müssen wir finanzielle, soziale und räumliche Barrieren abbauen. Das betrifft Geflüchtete, aber auch andere Menschen, die nicht so leicht den Zugang zum Verein finden. Viele Vereine sind bereits sehr aktiv und bringen Erfahrung und Ideen mit. Dazu zählen insbesondere die 40 Stützpunktvereine „Integration durch Sport“ in Sachsen-Anhalt. Aber auch, wenn sich Vereine erst auf den Weg machen, beraten wir als LSB zu Themen wie Antragstellung, interkulturelle Öffnung oder Umgang mit Konflikten.
Wir unterstützen Vereine finanziell für Sportgruppen, Veranstaltungen und Projekte, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken. Wichtig ist zudem die Vernetzung der Vereinsengagierten bei Schulungen und Fachtagungen, um voneinander zu lernen. Gerade im ländlichen Raum wollen wir als Team „Integration durch Sport“ in Sachsen-Anhalt zukünftig mehr engagierte Vereine gewinnen und freuen uns über neue Kontakte.
Kontakt:
Programm „Integration durch Sport“
Programmleiter
Robert Gräfe
Tel.: 0345 775 7788
E-Mail: graefe(at)lsb-sachsen-anhalt.de
Weiterführende Links zum Thema:
LSB-Positionspapier „Für eine offene und vielfältige Gesellschaft“
LSB-Meldebutton – Diskriminierung und Grenzüberschreitung melden
DOSB-Homepage Integration durch Sport
Das Bundesprogramm „Integration durch Sport“ wird mit Mitteln des Bundesministeriums des Innern und für Heimat und durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie durch den DOSB gefördert. Der LSB Sachsen-Anhalt erhält zudem eine projektbezogene Förderung durch das Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt.